„Wir sind die nette Gruppe“, antwortet einer der Teilnehmenden achselzuckend auf die Frage, wie wir sie nennen sollen. Eingeladen hatten wir den Kellerkinder e.V., einen Verein von Menschen, die stolz darauf sind, „psychisch anders” zu sein. Gekommen sind aber nicht nur Vereinsmitglieder, sondern auch andere, die sich spontan angeschlossen haben. Bei so viel Interesse fällt es uns deshalb nicht schwer, die Anwesenden für das Thema Paul Goesch zu begeistern. Die Vielseitigkeit seines künstlerischen Werks stößt allseits auf Bewunderung.
Psyche und Kunst
Schnell kommen wir gemeinsam darauf zu sprechen, dass auch Goesch „psychisch anders“ war. Der Begriff der „Schizophrenie“ mit dem er diagnostiziert wurde, wird von den Teilnehmenden kritisch hinterfragt, denn dahinter verbirgt sich ein weites Feld unterschiedlicher Symptomatiken. Von dieser Diagnose auf sein Werk zu schließen ist deshalb kaum möglich. Fest steht, dass vielfach Leid aus den Bilder Goeschs spricht. Aber ist dies eine Folge seines Andersseins oder viel mehr den damaligen Lebensumständen in psychiatrischen Einrichtungen geschuldet? Für die Teilnehmenden, von denen einige Psychiatrieerfahrungen haben, scheint letzteres plausibler.
„Ich bin nicht krank. Nur ein bisschen anders.“
Den Menschen nicht auf eine Diagnose reduzieren
Wichtig ist ihnen jedoch vor allem, Paul Goesch nicht auf eine Diagnose zu reduzieren, denn Goesch war viel mehr als nur ein „psychisch kranker Künstler“. Er war auch religiös, ein Bürgersohn, Anthroposoph, Architekt und ein liebevoller Onkel. Keinen dieser Aspekte möchte die Gruppe vernachlässigt wissen. Ein weiterer Vorschlag für die künftige Ausstellung: Der Rundgang soll so angelegt werden, dass Besuchende zunächst Goeschs Bilder betrachten können und erst im Anschluss von seinem psychischen Anderssein erfährt. Seine Kunst soll für sich stehen dürfen.
„Psychisches Anderssein“
Zum Schluss bittet uns die „nette Gruppe“ zudem, besonders auf Sprache und Wortwahl zu achten: Es mache einen Unterschied, ob man von „psychisch Kranken“ oder „Menschen mit einer psychischen Erkrankung“ spräche. Noch lieber sei ihnen der Begriff „psychisches Anderssein“. Eine Teilnehmende bringt es auf den Punkt: „Ich bin nicht krank. Nur ein bisschen anders.“